"Nichts ist fantastischer als die Wirklichkeit"
 
Federico Fellini

Know your rights

WESTEND 05 KNOW YOUR RIGHTS                          10. bis 19. Juni 2005

WESTEND 05 KNOW YOUR RIGHTS behauptet: Demokratie ist durch Kapitalismus gefährdet. Und stellt folgende Fragen: Ist ein auf Partizipation, Gerechtigkeit und Freiheit beruhendes demokratisches Gesellschaftssystem mit einer durch kapitalistische Strukturen geprägten Gesellschaft vereinbar? Wird Demokratie erst durch die uneingeschränkte Freiheit des Marktes erzeugt? Oder stellt sich die Frage anders? Verursacht nicht der Wille zu mehr Demokratie das Ende des Kapitalismus?

„Die leere Mitte“

Hito Steyerl D 1998, BetaSP/PAL, 62 min, Farbe

Der Film beobachtet über einen Zeitraum von acht Jahren die architektonischen und politischen Veränderungen am Potsdamer Platz in Berlin. Jahrzehntelang lag der Platz brach: die leere Mitte Berlins. Auf dem ehemaligen Minenfeld zwischen den Grenzen des Kalten Krieges entsteht zwischen 1990 und 1998 das neue politische Zentrum Berlins. Die leere Mitte Berlins wird nun wieder besetzt, allerdings nicht durch die Bevölkerung, die gleichzeitig an die (Stadt-)Ränder abgedrängt wird, sondern durch die politischen und wirtschaftlichen Machteliten. Der Film gibt denen eine Stimme und eine Geschichte, die nach wie vor von dieser Mitte ausgeschlossen bleiben und macht deutlich, dass es immer der Ausgrenzung bedarf, um ein mächtiges Zentrum zu errichten.


“Hat Wolff von Amerongen Konkursdelikte begangen?“

Gerhard Friedl, D/A 2004, 35mm, 73 min, Farbe

Die Ausmaße der modernen Ökonomien lassen sich nicht mit (Film-)Bildern wiedergeben. Dies stürzt den Dokumentarfilm, der sich diesem Thema zuwenden möchte, in eine Krise der Darstellbarkeit. Wo setzt man an, wenn es kein klares Zentrum wirtschaftlicher Transaktionen gibt? Wie bildet man Wirtschaftskriminalität ab, die per se nicht abbildbar ist und damit der Vorstellungskraft und der Geschichte immer wieder entfleucht. Der Dokumentarist Gerhard Friedl wählt für seine experimentelle Reflexion über die Wirtschaftsgeschichte der BRD eine sehr ungewöhnliche Form, indem er visuell immer an den Oberflächen bleibt. Zu sehen sind Aufnahmen von anonymen Orten der Arbeit, des Alltags und des unsichtbaren Kapitals: Fabriken, Werften, Straßen, öffentliche Plätze in unbenannten Städten. Auf der Tonspur prägt sich dafür umso konzentrierter die Erzählung über die vielfältigen und teilweise unglaublichen wirtschaftlichen Verflechtungen ein. Friedl überlässt es dem Publikum, die scheinbar spröden Fakten zu einem Bild zusammen zu fügen, das sich niemals ganz erschließt, dafür aber um so nachhaltiger im Gedächtnis bleibt.

 

“…and the Whole World is Watching” (Kurzfilmprogramm)

Im Grunde genommen sind „Demokratie“ und „Kapitalismus“ bestechend einfache Ideen – sie fußen jedoch auf grundsätzlich unterschiedlichen Menschenbildern und Gesellschaftsidealen. Während die zentrale These des Kapitalismus davon ausgeht, dass erst ungehemmte Konkurrenz und Wettbewerb eine optimale Produktivität und gesellschaftlichem Wohlstand garantiert, ist die viel ältere Idee der Demokratie heute kaum noch denkbar ohne ihre „Sicherungselemente“ Grundrechte und Minderheitenschutz, die nicht zuletzt den Konkurrenzkampf zivilisieren sollen.

Das Dilemma ist absehbar und bis heute ungeklärt: was schon theoretisch nicht zu vereinen ist, stößt praktisch spätestens dort an seine Grenzen, wo Nationalgrenzen demokratische Prozesse einschränken und global agierende Konzerne außerhalb demokratischer Kontrolle agieren.

Mit dem Kurzfilmprogramm  „…and the Whole World is Watching” nähert sich Westend05 dieser Thematik und fragt nach der Funktionsweise der Demokratie („Citizen Fritz“), spürt den Folgen des globalen Warenaustauschs und der Globalisierung des Arbeitsmarktes nach („Insel der Blumen“ und „Cargo“) und forscht auf humorvolle Art nach den ganz persönlichen Möglichkeiten, Ethik und Gewinnmaximierung unter einen Hut zu bringen („The Company We Keep“). Schließlich bleibt am Ende die Gewissheit, dass auch in der globalen Netzwerkgesellschaft der Protest immer eine Sache des ganz persönlichen Engagements bleiben wird...

„Citizen Fritz“ Ayse Buchara, D 2002, Beta-SP/PAL, 5 min., Farbe, Dokumentarfilm 

„Insel der Blumen“ Jorge Furtado, BRA 1989, 16mm, 12 min., Farbe, Dokumentarfilm

„Cargo“ Laura Waddington, NL 2001, Beta-SP/PAL, 29 min., Farbe, Experimentalfilm

„The Company We Keep“ Simon Chambers, GB 2004, Beta-SP/PAL, 24 min., Farbe, Dokumentarfilm

„The Revolution will not be televised“ Stuart Baker, GB 1988, Beta-SP/PAL, 3 min., Experimentalfilm